Historie
Chronik und Presse:
http://www.wiesbadener-kurier.de/fastnacht/wiesbaden/tolle-stimmung-beim-carnevalverein-schierstein_14996944.htm
http://www.wiesbadener-kurier.de/lokales/wiesbaden/nachrichten-wiesbaden/carneval-verein-schiersteinex-sitzungspraesident-klaus-bussau-als-regisseur-buettenschieber-fotograf-und-lueckenbuesser_15001779.htm
"Das Komitee im Körbche hockt, vom Narrenvolk mit Spaß gedopt." Spaß hatten aber nicht nur die Elf im bunten Clownskostüm, die der Schiersteiner Fremdensitzung auf der Bühne präsidierten. Spaß hatte auch das Publikum in der voll besetzten Turnhalle, in die nicht mal eine Maus mehr gepasst hätte. Spaß hatten auch die vielen Akteure, die mit Büttenreden unterschiedlichster Art und brillanten Tanzformationen Auge und Ohr erfreuten. Und den allermeisten Spaß hatten vielleicht die drei "Silverbirds", die als Kapelle des Abends für den guten Ton sorgten. Wann immer die Musik mal anderswoher kam, konnte man die drei beim wahrscheinlich eifrigsten Mitklatschen im Saal bewundern. Es ging bei den Schiersteinern Schlag auf Schlag und man darf sich durchaus fragen, wie der CVS das im nächsten Jahr, wenn das 80-jährige Jubiläum gefeiert wird, das noch übertreffen will, wie Sitzungspräsident Klaus Bussau ankündigte.
Schön, dass es hier auch viele "Eigengewächse" zu hören gibt. Volker Kaiser als Protokoller zu Beginn kommt zwar vom CCW und musste sich dieses Jahr natürlich nicht um Themen sorgen - von der Fußball-WM bis zur SPD-Wahlpanne, nicht zu vergessen Beck, Stoiber, Rente mit 67, Eva Hermans Frauentipps und die Gammelfleischskandale - genug ist passiert, er habe den Vortrag sogar mehrmals umschreiben müssen, sagte der umjubelte Redner.
Die nächste Rednerin kam aus eigenen Reihen: Heide Stöckigt, die als Fußball-Ehefrau auf dem Platz wirklich rein gar nichts kapierte. Die Klapperstörche hatten sich ebenfalls das runde Leder als Thema gewählt und besangen alle WM-Teilnehmer. Den "ausgefallenen Winter" glossierte als dicker Schneemann Wolfgang Weimann. In seinem Vortrag ging es aber auch um den Vereinsalltag, den viele im Publikum gut zu kennen schienen. Erbenheim schickte wieder einmal Frank Böhme als Muttersöhnchen in die Bütt, der - als einer der wenigen in astreinem Hochdeutsch - von skurrilen Erlebnissen auf der Reeperbahn zu berichten wusste. Frisör oder besser "Haarformer" Franz Oehl ist nicht nur für den Kopf zuständig, sondern macht auch Piercing und "Intimfrisuren". Trotz frivol angehauchter Details kam hier doch echtes Lokalkolorit von der Bühne. Ebenso wie bei dem Duo Kerstin Wahl und Frank Klee, die als Hausmeister und Putzfrau Klatsch und Tratsch verbreiteten.
Weitere stürmisch beklatschte "Importe" waren die Tramps Michael Großmann und Jürgen Steinemer, tanzfreudig wie eh und je, nach Großmanns Bühnenunfall diesmal nur ohne Inline-Skates. Außerdem Pizzabäcker Ciro Visone, genau wie die Auringer Buben immer wieder gern gesehen. Das Tanzprogramm war besonders bunt und vielseitig. Vom niedlichen Kinderballett der Fidelen Elf, das ernst dreinschauende kleine Sultans und Haremsdamen auf die Bühne brachte über das "gewichtige", spanisch daherkommende Männerballett der Schiersteiner Turner, bis zu den vielen Tanzgruppen mit gelenkigen jungen Damen.
Da war die Garde der Fidelen Elf, die das Komitee schon beim Einmarsch unterstützte, die "Pink Ladys" aus Bierstadt mit Musik von Queen, die "Funny Dance Sisters" aus Taunusstein mit gewagten Hebefiguren und ebensolchen Dekolletes, und zum glanzvollen Abschluss dann das mitgliederstarke Ballett aus Strinz-Margarethä, Stammgäste in Schierstein und diesmal mit Musik von "Carmina Burana" bis Queen angereist. Das aus vollen Kehlen gesungene Schierstein-Lied beschloss die fünfstündige Sitzung.
Schon in Jubiläumsform
Hochstimmungs-Sitzung des 79-jährigen Carneval-Vereins Schierstein Vom 12.02.2007
In der superkurzen Kampagne 2008 hat der Carneval-Verein Schierstein vier Extra- Gründe zum Feiern: Das 80-jährige Bestehen, 50 Jahre Herrensitzung, die 50. Sitzung und 15 Jahre Damensitzung. In Jubiläumsform präsentierte sich der CVS indes schon diesmal.
Von Heinz-Jürgen Hauzel
Rappelvoll ist´s bei den Stifterappelern. "Raue Fischergesellen singen von Liebe und Pflicht." Knapp 400 Kehlen grölen mit dem Scheerstaner Lied am Ende die gute Laune und die satte Zufriedenheit über einen gelungenen Abend hinein in den Saal. Selbst wenn da keine Fischergesellen mehr dabei gewesen sein werden - eifrig haben sie den ganzen Abend gesungen, wohlgemerkt hauptsächlich von der Liebe. Pflicht war kein Thema. Der CV Schierstein präsentiert Fastnacht in einer unverwechselbaren Mixtur. Sitzungspräsident Klaus Bussau zaubert abwechselnd Hafennarren und Zugereiste aus dem Hut. Die Schiersteiner lachen sich über ihre Nachbarn schibbelich, etwa über das Männerballett der Turngemeinde; sie freuen sich mit den Klapperstörchen des CVS, wobei die Sangesgarde diesmal besonders gut drauf war - und fast jeder Storch an diesem Abend noch in einer anderen Rolle wiederzusehen war: Angefangen beim Sitzungspräsidenten, über den "Haarformer" Franz Oehl, der seinem Verein seit über 25 Jahren als Vollblutfassenachter zur Verfügung steht, und Frank Klee, der später als Hausmeister Knodder an der Seite von Frau Schippenstiel alias Kerstin Wahl mit dem traditionellen Tratsch im Treppenhaus das Publikum unterhält. Und natürlich Heide Stöckigt. Die ist mit ihren Moritaten sicher noch besser als am Samstag als Fußball-Expertin. Doch wer in Schierstein wollte dieser Power-Frau nicht die eine oder andere Länge im Vortrag verzeihen? Köstlich, wie sie sich über Bussau-Ersatzmann Dieter Bender närrisch echauffierte, weil der in der "Absage" die überwiegend weiblichen Klapperstörche als "Burschen" bezeichnet hatte: "Burschen!", schüttelte sie den Kopf: "Ich gebb Dir gleich."
Aber auch der sonst so gelassene Klaus Bussau selbst geriet ins Schwitzen, weil er den ganzen Abend zehn, zwanzig Minuten vor seinem Zeitplan lag - und er aus diesem Grund das Programm wiederholt kurzfristig umstellen musste. Aber im Improvisieren sind die Schiersteiner Spitze - das haben sie diesmal wieder demonstriert. Wenn der Präsident nicht allzu deutlich darauf hingewiesen hätte ("Mir habbe Zeit!"), wäre es niemandem aufgefallen. Zumal die drei Silverbirds als Hauskapelle mit ihren Schunkel- und Mitsing-Einlagen das Publikum eh nicht zur Ruhe kommen ließen. Am Ende alles paletti. Nicht nur, dass nach fünf Stunden auf die Minute pünktlich um Mitternacht Schluss war, sondern Bussau hatte nun auch die Ursache gefunden: "Es war einfach ein Zahlendreher. Aber egal. Ich bin zufrieden mit dem Abend."
Durfte er sein. Dafür sorgten auch die Büttenasse, die sich die Schiersteiner auf die Bühne geholt haben und dem Verein seit Jahren die Treue halten. Der gut aufgelegte CCW-Protokoller Volker Kaiser, Schneemann Wolfgang Weimann, der mit seinen Schoten, die er in der Zugabe vom Stapel und so einen guten Teil des ungewollten Zeitpolsters weglachen ließ. Frauenversteher Frank Böhme fuhr mit Mutti im Beate-Uhse-Bus zur Reeperbahn, Ciro Visone feierte sein närrisches Jubiläum im elften Jahr als Pizzabäcker. Und die Wubbe-Tramps Michael Großmann/Jürgen Steinemer wurden auf ihrer Abschiedstournee ein weiteres Mal mit Ovationen gefeiert. "Superstars der Wiesbadener Fastnacht", schwelgte Bussau in höchsten Tönen. Auch gleich zu Anfang hatte er schon im Superlativ formuliert. "Die schönste Garde der Stadt", schwärmte er von den Damen der Fidelen Elf, die das Komitee auf die Bühne geführt hatten. Köstlich das Kinderballett der Fidelen Elf. Die Bierstadter Pink Ladys unterhielten mit einem Queen-Medley. Unglaublich die Kondition der Funny Dance Sisters: Die grandiose Gruppe der Taunussteiner Gockel legte wieder einen Hochgeschwindigkeits-Showtanz der Sonderklasse aufs Parkett. Und nachdem die "Auringer Bube" nochmals für Aufstände gesorgt hatten, kam zum Finale traditioneller Weise das Show-Ballett aus Strinz-Margarethä. Nach den hauptsächlich statisch-martialischen Figuren-Bildern der Vergangenheit wirkten sie diesmal viel dynamischer, waren richtig in Bewegung und sorgten auf diese Weise tatsächlich auch zum Abschluss für einen Höhepunkt.
Recherchiert und aufgeschrieben von unserem Mietglied Günter Rüttiger
Trotz unseres gestandenen Alters geben wir natürlich zu, dass die "UHR", die Unterhaltungsriege der TGS, schon viel länger, ungefähr seit der Mitte des 19. Jahrhunderts, Gott Jocus huldigt, aber mit dem CVS gründete sich 1928 ein Verein, der sich ausschließlich der Fassenacht widmete. Aber auch hier war der CVS nicht der erste Verein dieser Art, denn schon 1874 trieb ein "Närrischer Club zu Schierstein" die närrischen Geister in Form eines Fassenachtszuges durch Schiersteins Straßen, an den sich ein großer Maskenball im "Rheingauer Hof" anschloss. Doch diese Spur verliert sich bis zum Jahre 1909, in dem ein "Narrhalla-Verein Schierstein" von sich reden machte, der mit einem "Närrischen Fackelzug" den Prinzen Carneval empfing, einen "Großen Jahrmarktsrummel" im "Tivoli" veranstaltete und der wiederum einen Fastnachtszug durch Schierstein rollen ließ.
Leider ist uns weder über die Lebensdauer dieser Vereine noch über die Namen jener frühen Narrhallesen etwas überliefert. Versuche, über Aufrufe im "Schiersteiner Leben" vielleicht etwas Licht in dieses Dunkel zu bringen, sind bisher kläglich gescheitert. Aber es muss doch hie und da, vielleicht in alten Bildern oder Zeitungsausschnitten noch etwas über diese Aktivitäten erhalten sein. Deshalb noch einmal die Bitte an alle Schiersteiner, wenn Sie diesbezügliches Material besitzen, leihen Sie uns dieses bitte aus, und helfen Sie somit ein kleines Stück, wenn auch nur närrischer Vergangenheit, unseres Heimatortes zu dokumentieren und zu erhalten. Sollten Sie Angst haben, Ihre alten Originale zu verlieren, können wir Sie beruhigen, bei der heutigen Medientechnik garantieren wir für die Unversehrtheit dieser Unterlagen.
Aber zurück zur beweisbaren Vergangenheit! Die Geburtstunde des Vereins schlug in der Friseurstube von Josef Hennemann in der heutigen Reichsapfelstraße 10. Schote und Schaumschläger gab es damals schon genug und, da man sich ja gut genug kannte, gab man sich den passenden Namen "C. C. Lügebeutel". Wenn die Gründer Robert Beuter, Josef Hennemann, Otto Kämmerer, Arnold Liebig, Heinrich Mahl, Hermann Mahl, Alfred Schnepf und August Schökel schon damals der Sitte der heutigen Zeit gefolgt wären und sich auf die Wurzeln 1874 berufen hätten, könnten wir nächstes Jahr unser 130. Bestehen feiern. Aber es waren grundehrliche Narren, die sich wohl im Hinblick auf die laufende Entmilitarisierung – als echte Narren eben – militärische Titel gaben. Vom Feldwebel bis zum General war alles vertreten, vielleicht färbte aber hier auch die Mitgliedschaft einiger Gründer im heute längst vergessenen "Marineverein Schierstein" ab, Seemannsgarn spinnen konnten sie jedenfalls, das weiß der Chronist noch aus eigener Erfahrung
Über den Neubeginn des CVS nach den schlimmen Jahren des Zweiten Weltkriegs zu schreiben, heißt Rückblick zu halten in eine Zeit, in der zunächst tiefe Hoffnungslosigkeit vorherrschte.
So gehörte denn auch eine gewisse Portion Optimismus dazu, am 12. Februar 1947 die erste Nachkriegsversammlung einzuberufen, in der die Weichen über die Zukunft des CVS gestellt wurden. Zwar prägte zunächst der Kampf ums Überleben den Alltag stärker als das Klingeln der Schellenkappe, aber schon ein Jahr später trat man – übrigens als erster Schiersteiner Verein – mit einem bunten Abend an die Öffentlichkeit.
Erst 1949, nach Stabilisierung der Verhältnisse, regten sich auch in Schierstein mit dem zaghaften Beginn des "Wirtschaftswunders" wieder die närrischen Geister, die dann im selben Jahr bei der ersten Nachkriegssitzung in der Turnhalle ihre fröhliche Wiedergeburt feierten.
Zu den alten verbliebenen CVS-Aktiven stieß eine große Zahl neuer Jocusjünger, die den Verein für viele Jahre mit an die Spitze des närrischen Treibens der Weltkurstadt brachten. Der knapp bemessene Raum verbietet hier Namen zu nennen, aber ein Name, der schon zu den Gründungsmitgliedern zählte, sei doch dankbar erwähnt – Heini Mahl. Als unermüdlicher Schaffer, der dem Verein bis ins hohe Alterimmer wieder neue Impulse gab, bestimmte er auch den Neuanfang wesentlich mit.
Neubeginn in schwerer Zeit, die Komitees des CVS in der Kampagne 1949/50
Doch schon zum 11. 11. 1949 siedelte man um in den relativ kleinen Saal der Gaststätte "Stadt Mainz", die sich in der heutigen Reichsapfelstraße, Ecke Saarstraße befand. Hier hielt auch das erste Damenkomitee des CVS 1950 seinen umjubelten Einzug. Es folgte eine Zeit, geprägt durch den allgemeinen Aufschwung, der auch vor den Narren nicht halt machte. So schloss sich der heute unvorstellbar großen Rednerschar des CVS mit dem "Fidelen Kleeblatt" ein weit bekanntes Schiersteiner Gesangsquartett an und sogar ein Fanfarenzug sorgte viele Jahre für den guten Ton innerhalb des CVS.
So fiel das 25-jährige Bestehen, das wiederum in der Turnhalle ausgerichtet wurde, in eine Zeit, in der in fast allen renommierten Bütten Wiesbadens die CVS-Aktiven Akzente setzten. Die Akteure vom Hafen sorgten auch für die Glanzlichter in vielen Sitzungen der Dacho, die damals noch ausschließlich von Wiesbadener Aktiven gestaltet wurden.
Auch die "Hafensitzung", die Herrensitzung des CVS, die bis heute noch nichts von ihrem Flair eingebüßt hat, begann in jenen Jahren – 1958 – ihren närrischen Siegeszug.
Die Saalmisere in Schierstein bedingte, nachdem die "Stadt Mainz" allmählich aus allen Nähten platzte, dass man in den nur unwesentlich größeren Saal des WVS wechselte, bevor man endgültig die Turnhalle der TGS zur bleibenden Narrhalla erwählte.
Das 100-jährige Bestehen des organisierten Wiesbadener Karnevals im Jahre 1959 bildete ein besonderes Jahr in den Annalen des Vereins. Der CVS war dank seines großen Förderers Hanns-Georg Schoof, als unvergesslicher Dacho-Jubiläums-Prinz, in vielfacher Form maßgeblich mit in die Feierlichkeiten eingebunden.
Nur noch mit Wehmut kann man heute auf diese blühende Wiesbadener Fassenacht zurückblicken.Kontinuität über Jahre hinweg ist ein Selbstverständnis für unseren Verein, und so feierten 1978 die Stifterappeler in voller Harmonie, unter Schirmherrschaft des damaligen Landtagspräsidenten Herrn Dr. Wagner, ihren 50. Geburtstag.
Unvergessen für alle die damals dabei waren, ist wohl die Jubiläumsfeier in den Räumen der Flusspionierkaserne. Ja, die "Flupis"! Sie waren dem CVS überaus freundschaftlich verbunden und ihre Gastfreundschaft wurde nicht nur von uns oft, dankbar und gerne in Anspruch genommen.
Ein Höhepunkt im Vereinsleben war seit diesem Jubiläum für viele Jahre die Fahrt am Wochenende nach Fastnacht in die Partnergemeinde des CVS, nach Weißbriach in Kärnten. Es war eine Partnerschaft, die sich auch in etlichen Gegenbesuchen der "Zwockel" in Schierstein widerspiegelte. Wenn in dieser kurzgefassten Vereinsbeschreibung vom 50-ten bis zum kommenden 75-jährigen Jubiläum keine spektakulären Geschehnisse mehr verzeichnet sind, heißt dies nicht, dass der Verein in Tiefschlaf verfallen wäre. Nein, im Gegenteil, gerade dies dokumentiert den stabilen inneren Zustand des CVS. Natürlich gab es auch hier Hochs und Tiefs, alte Namen gingen, neue kamen hinzu, dies wurde verändert, jenes neu aufgenommen, wie die Neugründung unseres Damenkomitees im Jahre 1994 mit ihren spektakulären, immer ausverkauften Sitzungen. Aber all die Jahre galt nur eins: Unserem uralten Brauchtum trotz sich stets verändernder Umstände die Treue zu halten – und das dürfen wir in aller Bescheidenheit als gelungen ansehen!
Doch hinter all diesen Fakten und Zahlen über 75 Jahre stehen natürlich die Aktiven jeglicher Art, die erst durch ihre Mitarbeit den Verein mit Leben erfüllen. Aber bei allem Respekt vor ihrem Engagement und ihrer Leistung können hier keine Namen genannt werden, weil dies jeden Rahmen sprengenwürde. Gewiss hat vieles, was heute unter dem Namen Fassenacht geboten wird, mit dem alten Brauchtum nichts mehr zu tun, aber es lohnt sich doch, das Übriggebliebene zu hegen und zu pflegen als ein Stückchen Heimat, das es zu bewahren gilt. Heimat? Ja, wir Fassenachter benutzen noch dieses Wort bewusst und voller Stolz, denn ohne Bindung an die uns prägende Landschaft ist unser Brauchtum leer und halbherzig, ja, undenkbar. Und übrigens, unserer Heimat brauchen wir uns – manchen multikulturellen Miesmachern zum Trotz – wahrlich nicht zu schämen!
Solchen Gedanken mussten unsere Gründer wahrlich nicht nachhängen, ihre Welt war noch in erster Linie auf den Heimatort fixiert, sie ruhte noch auf soliden gesellschaftlichen und familiären Fundamenten, was nicht heißen soll, dass sie keine wirtschaftliche Not kannten, ganz im Gegenteil. Doch wenn man bedenkt, dass damals noch im Hafen eine große Zahl von Fischern ihrem Handwerk nachgingen, überall die Netze zum Trocknen hingen und so den Hafen ein wahrhaft "maritimes" Ambiente umgab, dass das "Klunkelbaden" im Hafen gang und gäbe war, der Floßhafen noch seiner Bestimmung diente, dass das Federvieh am Morgen im "Gänsemarsch" zum Hafen watschelte und die heutige Hafenpromenade bevölkerte, um am Abend wieder in geordneter Formation ihrem heimatlichen Hof zuzustreben usw., so kann man getrost, zwar nur oberflächlich gesehen, aus heutiger Sicht nochvon heiler Welt sprechen.
Doch gehörte damals, kurz nach dem Ende der Inflation, in politisch unsicheren Zeiten, schon sehr viel Idealismus dazu, sich in einem doch eher kostenträchtigen Verein der Narretei hinzugeben, um sich und anderen Spaß und Freud zu bereiten. Um nun auf die Strukturen des Vereins jener Zeit zu kommen, der sich in den Anfangsjahren "Lügebeutel" nannte, so war es damals trotz widriger Umstände etwas einfacher als heute, einer karnevalistischen Betätigung nachzugehen. Man konnte noch unbeschwert vom Erfolgsdruck heutiger Tage in der Bütt agieren und so gab es mehr als genug Aktive, die den Verein in der ersten Zeit kontinuierlich vorwärts brachten.
Vorsitzender, Vorstand und Elferrat waren wie heute die Basis und darüber hinaus war bei Dauerebbe in der Kasse Improvisation auf allen Ebenen gefragt. Die Sitzungen unterschieden sich im Vergleich zu heute inhaltlich doch wesentlich. Die Vorträge waren kürzer, ca. 5–7 Minuten, es gab keine Gesangsgruppen, Balletts oder Unterhaltungskünstler, dafür aber Eröffnungsspiele und viele für das Publikum verfasste Saallieder, die örtliche Begebenheiten behandelten oder in bombastischer Form Vaterland und deutschem Rhein huldigten. Und – vor allem – es gab noch keinen Rundfunk und vor allen Dingen kein Fernsehen, so dass man ohne Vergleichsmaßstäbe dem dankbaren Publikum einiges "zumuten" konnte, die Hauptsache, es machte allen Beteiligten Spaß.
Auch die Maskenbälle der verschiedenen Vereine von Fastnachtsamstag bis -dienstag in allen Sälen, von denen es in Schierstein einige gab, waren "rappelvoll", man musste halt selbst etwas tun um sich zu unterhalten.
Dies alles änderte sich naturgemäß nach dem Krieg. Wenn auch die Grundstrukturen blieben, sobrachte doch die neue Zeit mit ihren zahllosen Einflüssen von außen auch die Fassenacht ganz schön durcheinander. Aus einem Komitee wurden zwei (Herren und Damen), und im gleichen Maß wie die Showeffekte zunahmen, verringerte sich die Zahl der Büttenredner aus Spaß an der Freud. Neue Elemente wie Gesangsgruppen, Balletts, wie später auch das Herrenballett, Solisten, Künstler, Gardekapellen und vieles mehr verwässerten mit der Zeit die eigentlich anspruchslose, dem örtlichen Geschehen verpflichtete Saalfassenacht, die andererseits gewiss nicht mehr den Zuspruch hätte, wie sich dies heute mit insgesamt fünf ausverkauften Sitzungen dokumentiert.
So deckt der CVS mit Damen-, Herren- und Fremdensitzungen das gesamte närrische Spektrum ab, wobei Maskenbälle dem Trend der Zeit zum Opfer fielen, lediglich der Kindermaskenball dient noch als kleines Alibi. Die alljährliche Teilnahme am Wiesbadener Fassenachtssonntagszug gehört allerdings von Anfang an zur närrischen Pflicht des CVS.Dass auch die heutige umfangreiche Vereinsarbeit ebenfalls nur mit viel ehrenamtlichem Engagement geleistet werden kann, liegt auf der Hand.
So steht den schon genannten Gremien ein Arbeitsausschuss zur Seite, der sich vom Bühnen- bis Wagenbau nicht über Arbeitsmangel beklagen kann.
Seinen Dank für all die Aktivitäten stattet der Verein alljährlich seinen Aktiven im Rahmen einer Aktivenfeier ab, die mal in Form eines gemütlichen Beisammenseins, einer Bootsfahrt oder einer anspruchsvollen Weinprobe abläuft.
Auch die Öffnung in gesellschaftlicher Hinsicht gelang schon in den Siebziger Jahren durch die Gründung des CVS-Rittercorps, in dem sich klangvolle Namen aus Industrie, Handel und kommunaleRepräsentanten wiederfinden. Aus ihm hervor gehen einige ausgewählte Personen als Doctor humoris causa oder die Träger der höchsten Auszeichnung, des Großkreuzes im CVS. In diesen Rahmen passt auch die 1978 abgeschlossene Partnerschaft mit der Dorfgemeinschaft Weissbriach in Kärnten, ein Urlaubsort, der auch im nächsten Jahr am Wochenende nach Fastnacht Reiseziel des CVS sein wird.
Wenn wir nun, da sich fünfundsiebzig Jahre Vereinsgeschichte vollenden, den Blick in die Zukunft richten, so geschieht das mit Hoffen und mit Bangen. Hoffen auf das Weiterleben unseres liebenswerten Brauchtums in einer sich immer schneller verändernden Zeit, und Bangen, ob dies in unwägbarer Zukunft trotz aller Anpassung überhaupt noch möglich ist. Doch sind wir optimistisch, dass auch nach den nächsten 25 Jahren, beim "Hundertsten" die vierfarbbunten Fahnen die Fortführung unseres frohen Tuns verkünden – die Aktiven kommender Jahre jedenfalls können auf ihre Vorgänger und ihre Vereinsvergangenheit mit aufrechtem Stolz zurückblicken.
Der Verfasser von
"Ein Dreiviertel Jahrhundert CVS" Günter Rüttiger
Publiziert am: Samstag, 13. April 2019 (14475 mal gelesen)
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